„Die Grenze ist offen!“

Comenius-Projektgruppe dreht Film über die friedliche Revolution 1989

Wie haben die Menschen in der DDR den Mauerfall 1989 erlebt? Wie sah ihr Leben in der DDR aus, und was hat sich geändert? Wofür setzte sich eigentlich die Solidarnosc in Polen ein? Und was hat es mit dem Paneuropäischen Picknick in Ungarn auf sich?
Sieben Schülerinnen und Schüler der Klasse 10a wollten es genauer wissen und meldeten sich für die Geschichts-AG innerhalb des Comenius-Projekts. Das Besondere an dem Projekt: Die Jugendlichen tauschten sich übers Internet mit Partnern in Ungarn und Polen aus, die ebenfalls zum Thema „1989 - Das Jahr der Wende“ forschten.
Schnell wurde klar, welches Produkt die Schüler für die Abschlusspräsentation in Polen beisteuern wollten: Ein selbstgemachter Dokumentarfilm mit Zeitzeugeninterviews sollte es sein. Wie viel Arbeit in einem solchen Film steckt, wurde allen Beteiligten erst im Laufe des Schuljahres so richtig klar. Von der Konzepterstellung über die Suche nach Zeitzeugen bis hin zum Schnitt waren so manche Hürden zu meistern.
Doch die Arbeit hat sich gelohnt: Stolze 38 Minuten lang ist der Film am Ende geworden und enthält Interviews mit Zeitzeugen aus Deutschland, Ungarn und Polen, historische Hintergrundinformationen sowie eine Spielszene.
Während unseres Aufenthalts in Polen sowie auf dem Sommerfest des Humboldt-Gymnasiums wurde der Film bereits präsentiert. In Zukunft soll er im Geschichtsunterricht an unserer Schule wie auch an den Partnerschulen in Ungarn und Polen zum Einsatz kommen. Eine gekürzte Version ist auch online einzusehen.

Projektleitung: Marlene Forens, Anna Ruhland

 

Zeitzeugen befragt / Klasse 9 dm / Ruhland

65 Jahre nach Kriegsende scheint die Zeit des Nationalsozialismus für viele Jugendliche ganz weit weg.
Dies änderte sich jedoch, als die Schülerinnen und Schüler der Klasse 9dm im Geschichtsunterricht bei Frau Ruhland Kontakt zu Zeitzeugen aufnahmen.
Heinrich Hannover, später prominenter Strafverteidiger, besuchte die Klasse seines Enkels Jannis und berichtete den Schülern von seinen Erfahrungen in Hitlerjugend und Wehrmacht, die ihn zu einem Pazifisten machten. Er nahm sich eine Doppelstunde Zeit, um alle Fragen der Jungen und Mädchen zu beantworten. Natürlich erzählte er auch von seinen Erfahrungen als Anwalt in der BRD, zu dessen Klienten neben Angehörigen der Studentenbewegung und Politikern der Grünen auch das RAF-Mitglied Ulrike Meinhof zählte.
Darüber hinaus nahmen die Schüler Briefkontakt zu einer weiteren Zeitzeugin auf: Renate Inow musste im Alter von 9 Jahren aus ihrer Heimatstadt Wuppertal fliehen, weil sie Jüdin ist. Sie gelangte 1939 mit einem Kindertransport nach England in Sicherheit; ihre Eltern jedoch wurden von den Nationalsozialisten ermordet. Nachdem die Schüler sich im Unterricht mit ihrer Lebensgeschichte befasst hatten, schrieben sie auf Englisch Briefe mit ihren Eindrücken und weiteren Fragen an die Zeitzeugin, die ihnen ausführlich antwortete (Text von Anna Ruhland).

 

Zeitzeugeninterview mit Josef Jakubowicz – ein Überlebender des Holocaust erzählt

Projekt im Fach Geschichte mit der Klasse 10 dm
Projektleiter: Marlene Forens und Andreas Schneider-Musshoff

Am 29. Juni 2009 fand es nun doch endlich statt, das Zeitzeugeninterview mit
Josef Jakubowicz aus Nürnberg.
Eigentlich war der Besuch von Herrn Jakubowicz für den 27. Januar dieses Jahres anlässlich des Gedenktages der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz vorgesehen. Diesen Termin musste Herr Jakubowicz aber dann aufgrund einer Erkrankung absagen.
Dann schien uns das Auftreten der Schweinegrippe einen Strich durch die Rechnung machen zu wollen. Doch unerschrocken wie in seinem früheren Leben entschied sich der 85-Jährige trotz allem für den Besuch des Humboldt-Gymnasiums.
Am Tag der Veranstaltung zeigte sich der Zuspruch der Schülerschaft in der stetig wachsenden Zahl der Zuhörer. Der ausgewählte Raum füllte sich rasch und immer mehr interessierte Schüler und Lehrer wollten die Chance nutzen, Herrn Jakubowicz’ Schilderungen über das Lagerleben zuzuhören.
Nachdem die anwesenden Schüler und Lehrer durch die einführende Vorführung des Dokumentarfilms„Auschwitz war auch meine Stadt“ von Konstanze Burkard mit dem historischen Hintergrund vertraut gemacht worden waren, erwarteten die Zuhörer und v. a. die Schüler und Schülerinnen der 10 dm mit großer Spannung den Gast. Nach Sichtung des Films betrat Herr Jakubowizc in Begleitung seiner Lebensgefährtin den Veranstaltungsraum.
Im Folgenden wurde Herr Jakubowicz von Schülern der Klasse 10 dm, die sich im Vorfeld intensiv mit der Lebensgeschichte von Herrn Jakubowicz auseinandergesetzt haben, befragt. Trotz hochsommerlicher Temperaturen erzählte er lebendig und engagiert von seinem Leben in den Lagern und vermittelte der Zuhörerschaft einen Einblick in die grausame Herrschaft der Nationalsozialisten in Polen:

Als jüngstes von fünf Kindern einer jüdischen Familie wurde er in Oswiecim/Auschwitz geboren, in der Stadt, welche später von den Nationalsozialisten als Standort für das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau ausgewählt wurde. Hier verbrachte Herr Jakubowizc zuvor eine unbeschwerte Kindheit. Mit Beginn der nationalsozialistischen Herrschaft begann für ihn als damals vierzehnjähriger Jugendlicher ein Leben als Zwangsarbeiter. Gleichwohl überlebte er im Gegensatz zu seiner Familie die nachfolgende nationalsozialistische Vernichtungspolitik der Deutschen und überstand acht Konzentrations- und Arbeitslager.
Insbesondere hat die Schüler die Frage beschäftigt, wie es ihm gelungen ist, so viele Lager zu überstehen und den Verbrechen der Nationalsozialisten zu entgehen. Auf alle Fragen vermochte unser Gast in beredter und lebendiger Form Auskunft zu geben.
Sein Anliegen ist es, mit seinem Bericht über das selbst erlittene Schicksal der jungen Generation als Mahnung und zugleich Aufruf zu dienen, um fremdenfeindlichen Tendenzen in heutiger Zeit entschieden entgegen zu treten.
Dass die ursprünglich nur für Oberstufenschüler geplante Veranstaltung schließlich zu einer großen Schulveranstaltung mutierte, weil zahlreiche Kollegen und Schüler ihr unbedingtes Interesse bekundeten, ist im Nachhinein betrachtet nur positiv zu bewerten. Durch diese Form der aktiven und lebendigen Auseinandersetzung mit der Geschichte kann das Erinnern und Andenken an die Opfer eindringlicher wach gehalten werden als dies im normalen Unterrichtsalltag möglich wäre.

Weitere Informationen findet der interessierte Leser in Herrn Jakubowicz’ autobiografischen Schilderungen „Auschwitz ist auch eine Stadt. Durch acht Lager in die Freiheit – ein Überlebender des Holocaust erzählt.“ (ISBN: 3-9809950-0-3). Das Buch kann auch bei den Verantwortlichen der Geschichtsfachschaft ausgeliehen werden.
Für eine mediengestützte Verarbeitung des Films „Auschwitz war auch meine Stadt“ sind die Unterrichtsmaterialien, die die WDR – Schulplattform „Planet-Schule“ anbietet  zu empfehlen. www.planet-schule.de/sf/php/02_sen01.php
Allen Mitwirkenden sei nochmals herzlich gedankt.

M. Forens für die Fachschaft Geschichte